Kollektiv Nordharz in Dessau und Berlin


Am Donnerstag
, den 17.08.2017 versammelten sich Neonazis in Dessau-Roßlau zu einer Mahnwache anlässlich des 30. Todestages des verurteilten NSKriegsverbrechers Rudolf Heß. Darunter auch Aktivisten des Kollektiv Nordharz. Wenige Tage später, am Samstag, waren diese und weitere Neonazis aus der Region auch bei der Rudolf-Heß-Demonstration in Berlin zu sehen.

Hintergrund

Beide Veranstaltungen wurden anlässlich des 30. Todestags von Rudolf Heß organisiert. Heß war einer der Hauptakteurdes NS-Regimes. Er wurde 1933 zum Stellvertreter Hitlers und flog 1941 auf eigene Faust nach Großbritannien, um der britischen Regierung ein Friedensangebot zu machen, wobei er in Kriegsgefangenschaft genommen wurde. Heß wurde am 01. Oktober 1946 in Nürnberg zu lebenslanger Haft verurteilt.

Am 17. August 1987, im Alter von 93 Jahren, beging Heß im Kriegsverbrechergefängnis Spandau Selbstmord. Für Neonazis ist dieses Datum seitdem immer wieder ein Grund für Gedenkveranstaltungen. Um seinen Tod ranken sich zudem Verschwörungstheorien, da die britische Regierung die Akte Heß aufgrund von Sperrfristen nach wie vor unter Verschluss hält. Viele Neonazis sind deshalb der Überzeugung, dass Heß ermordert wurde.

Rudolf-Heß-Mahnwache in Dessau

Rund 30 Neonazis um die „Freien Nationalisten Dessau“ versammelten sich am Donnerstagabend in Dessau-Roßlau zu einer Rudold-Heß-MahnwacheUnter den TeilnehmerInnen der Mahnwache, welche überwiegend aus Sachsen-Anhalt, Sachsen und Niedersachsen angereist waren auch die Kollektiv Nordharz Aktivisten Sören Surdyk aus Langelsheim, Jan Derks aus Vienenburg sowie Ulf Ringleb und Felix W..

v. links: Felix W., Unbekannt, Jan Derks, Unbekannt (Presseservice RN)

Die Rechtsextremen brachten, neben den üblichen Reichsflaggen, Banner mit den Aufschriften „Rudolf Hess – Es war Mord“, „17.08.1987 Es war Mord! Schluss mit der Selbstmordlüge“ und „Gebt die Akten frei“ mit zur Kundgebung. Außerdem trugen einige TeilnehmerInnen T-Shirts mit dem Heß-Zitat „Ich bereue nichts“ (Schlusswort des Nürnberger Prozesses).

Rudolf-Heß-Gedenkmarsch in Berlin

v. links: Ulf Ringleb, Unbekannt, Timo Bödris, Christoph Moldehnke, Lasse Richei, Jan Derks, Joost Nolte (L. Beyer)

Wenige Tage später, am Samstag den 19.08., fand in Berlin-Spandau ein Gedenkmarsch für Rudolf Heß statt. Rund 800 Neonazis kamen zu der bundesweit beworbenen Demonstration, die am Bahnhof in Spandau startete. Mehr als 1000 GegendemonstrantInnen störten den Gedenkmarsch mit lautstarken Rufen und Blockaden, sodass dieser den früheren Standort des Kriegsverbrechergefängnis nicht erreichte.

Unter den DemonstrantInnen waren auch die Neonazis Dominik Brandes, Sören Surdyk, Jan Derks, Christoph Mohldenke, Joost Nolte, Felix W. und Florian Kaempf aus der Region Goslar. Zusammen mit den JNlern Lasse Richei und Timo Bödris aus Braunschweig, führten sie den Demonstrationszug an. Die Gruppe trug ein Banner mit dem Heß-Zitat „Ich bereue nichts“ durch die Straßen.

Rechts im Bild: Florian Kaempf und Sören Surdyk (Endstation R.)

Nachdem die Demonstration wieder zu ihrem Startpunkt am Spandauer Bahnhof zurückgekehrt war, hielten die Neonazis noch eine Kundgebung ab. Diese wurde ebenfalls von lautstarken Protesten erfolgreich gestört. Die Kundgebung wurde gegen 17 Uhr beendet und die Neonazis traten die Heimreise an.

 

Fotos:

Presseservice Rathenow

Lukas Beyer

Endstation Rechts

Mobilisierungskundgebungen für den TddZ in Goslar und Umgebung

Am Samstag, den 12.08.2017 veranstaltete das neonazistische Bündnis „Kollektiv Nordharz“ eine Kundgebung, um für den „Tag der deutschen Zukunft“ (kurz TddZ) zu werben, der 2018 in Goslar stattfinden soll. Anmelder der Kundgebung, die auf dem Bahnhofsvorplatz stattfand, war der Goslarer Neonazi Carsten Dicty. Das „Bündnis gegen Rechtsextremismus Goslar“ demonstrierte dagegen.

Umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen

Dem Kundgebungs-Samstag gingen hohe Sicherheitsvorkehrungen voraus. Bereits in den den frühen Morgenstunden sperrte die Polizei die Veranstaltungsorte weiträumig mit Hamburger Gittern und Straßensperren ab. Es wurde eine rund 50 Meter große Pufferzone zwischen den beiden Kundgebungen errichtet.

Die Polizei sperrte den Ort der Kundgebung bereits am frühen Morgen ab. (WBW)

Während der Veranstaltungen waren die Sicherheitskräfte in übermäßig großer Zahl vertreten. Insgesamt sicherten laut Berichten der Goslarschen Zeitung rund 500 PolizistInnen den Veranstaltungsort und die umliegenden Straßen. Neben einer großen Anzahl von Fahrzeugen kam auch ein Hubschrauber der Bundespolizei Braunschweig-Wolfsburg zum Einsatz, welcher einige Zeit über der Goslarer Altstadt kreiste. In Anbetracht der schlecht besuchten Kundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz und der friedlichen Gegendemonstration, wirkte dieses Aufgebot stark unverhältnismäßig. 

Wenig Reichweite

Zu Beginn der Kundgebung um 12:00 Uhr ließen sich kaum TeilnehmerInnen vor dem Bahnhof blicken. Erst gegen 12:30 Uhr tauchten das bereits bekannte TddZ-Banner und einige Reichsflaggen auf. Aus einer Lautsprecherbox wurde zunächst Musik in Richtung der Gegenkundgebung abgespielt. Anschließend begannen auf dem Bahnhofsvorplatz die Redebeiträge, die von Joost Nolte vom Kollektiv Nordharz und Jens Wilke von der NPD-Göttingen kamen.

Der Göttinger NPDler Jens Wilke sprach ebenfalls bei der Veranstaltung. (AFNPNDS)

Aufgrund der Einschränkungen für den öffentlichen Nahverkehr und der umfangreichen Absperrmaßnahmen durch die Polizei, erreichten die Nationalisten nur wenige Leute in den eigenen Reihen. Dicty, der die Kundgebung für 100 Leute angemeldet hatte, stand am Ende mit etwa 35 MitstreiterInnen rund eine halbe Stunde auf der Straße. Trotz der geringen Anzahl an TeilnehmerInnen ließen die Ordnungskräfte den Betrieb des Lautsprechers weiter zu.

Alte Bekannte

Neben Carsten Dicty und Joost Nolte fanden sich weitere bekannte Neonazis aus der Region auf dem Bahnhofsvorplatz ein. Unter anderem kamen Dominik Brandes, Florian Kaempf, Sören Surdyk, Kevin Brunk, Swen Henning, Florim Mekaj, Jan Derks, Christoph Mohldenke, Michael Kirpal, Markus Gebel, Thomas Bosse und Felix W. aus dem Landkreis Goslar. 

Von links: Dominik Brandes, Sören Surdyk, Florian Kaempf. (AFNPNDS)

Mit Lasse RicheiUlf Ringleb aus Ilsenburg, dem Göttinger NPDler Jens Wilke sowie dem Hildesheimer Dieter Riefling bekam das Kollektiv Nordharz zudem prominente Unterstützung von außerhalb. 

Gegenkundgebung

Die Gegenkundgebung in der Rosentorstraße wurde durch das Goslarer Bündnis gegen Rechtsextremismus veranstaltet. Der Protest begann gegen 11:30 Uhr und zog rund 250 BürgerInnen an. In Redebeiträgen, die unter anderem von Goslars Oberbürgermeister Oliver Junk und dem Landrat des Landkreis Goslar Thomas Brych kamen, wurde sich klar gegen das neonazistische Gedankengut positioniert und betont, dass Goslar bunt und weltoffen bleibe.

Deutlich stärker besucht: Die Gegendemonstration. (LSH)

Gegen 13:00 Uhr verließen die Neonazis den Bahnhofsvorplatz in Richtung der Bahnsteige. Das Bündnis beendete seine Veranstaltung etwa eine halbe Stunde später. Beide Kundgebungen verliefen ruhig und ohne Zwischenfälle. Die Polizei hob die Einschränkungen nach Ende beider Kundgebungen zügig auf und schickte Einsatzkräfte nach Vienenburg.

Kundgebungstour

Nach der geringen Beachtung in Goslar, fuhren die TeilnehmerInnen der Neonazi-Kundgebung mit dem Zug weiter nach Vienenburg und meldeten dort gegen 13:30 Uhr eine Spontanversammlung vor dem Bahnhofsgebäude an, dessen Anmelder Dieter Riefling war.

In Vienenburg trafen sich die Neonazis erneut. (AFNPNDS)

Auch hier bleiben die Rechten weitestgehend unter sich und wurden von einem hohen Polizeiaufgebot begleitet. Lasse Riechei hielt einen Redebeitrag. Nach etwa 20 Minuten wurde auch diese Versammlung für beendet erklärt und die Neonazis machten sich auf den Weg nach Wolfenbüttel, um eine weitere Kundgebung abzuhalten. Diese wurde erneut von Riefling angemeldet und zählte rund 20 TeilnehmerInnen. Auch hier wurde wieder hauptsächlich mit sich selbst geredet.

Die Kundgebung wurde nach ungefähr 15 Minuten beendet. Die Polizei durchkreuzte kurz darauf die Pläne der Gruppe, eine Spontandemonstration in Braunschweig abzuhalten: Das Kollektiv Nordharz erhielt für den Rest des Samstags ein Versammlungsverbot in ganz Niedersachsen. Damit bekam die rechte Gruppierung den nächsten Dämpfer innerhalb von kurzer Zeit. Zuvor wurde der für Samstag geplante Liederabend behördlich untersagt.

Misserfolg

Trotz dreier Kundgebungen konnte das Kollektiv Nordharz seine rassistischen und demokratiefeindlichen Ideen und den Aufruf, zum Tag der deutschen Zukunft 2018 zu kommen, nur schlecht unter die Leute bringen. Der Gegenprotest in Goslar war deutlich besser besucht, als die rechte Kundgebung.  Besonders erfreulich ist, dass auch Goslarer Führungspersonen eindeutig Stellung gegen die Neonazis bezogen haben. Jedoch sind im Angesicht dieses Misserfolges weitere Veranstaltungen in der Region in nächster Zeit wahrscheinlich.

Fotos:

Antifaschistisches Nachrichtenportal Niedersachsen

Recherche-Nord