In Goslar und dem zugehörigen Landkreis häufen sich seit einigen Jahren vermehrt rechte Aktivitäten durch eine zunehmend organisierte Nazistruktur. Diese gehen von „harmlosen“ Sprühereien und dem Verkleben von rechten Aufklebern bis zu Kundgebungen der im Rahmen der „Tag der deutschen Zukunft“-Kampagne und gezielten gewalttätigen Angriffen auf Antifaschist*innen. Die folgenden Informationen sollen den Fokus auf einige der bei diesen Aktionen beteiligten Neonazis legen und aufzeigen, wer in die Organisation der diesjährigen „TddZ“-Kampagne, welche am 02.06. mit einer Großdemonstration in Goslar ihren Abschluss finden soll, involviert ist. Das Spektrum der sowohl aktiven als auch vorrangig inaktiven Nazis im Landkreis Goslar ist jedoch weitaus größer und ist sowohl regional als auch überregional mit der Neonaziszene in Deutschland vernetzt.
Joost Nolte
Joost Nolte ist bereits seit einigen Jahren bundesweit in der rechten Szene aktiv. So schloss er sich den „Nationalen Sozialisten Nordharz“, einer Gruppe Autonomer Nationalisten aus dem Ostharz, an, mit deren Mitgliedern er gemeinsam regelmäßig rechte Demonstrationen und Konzerte in ganz Deutschland besuchte. Nach Neugründung des „Kollektiv Nordharz“, einem Zusammenschluss von Neonazis aus dem West- und Ostharz, etablierte sich der Sudmerberger in diesen Strukturen zu einer der Führungspersönlichkeiten. Seit Beginn dieses Jahres gehört Nolte zudem zu den Gründungsmitgliedern des regionalen Kreisverbandes der Partei „Die Rechte“, welche in der Vergangenheit bereits durch den Verfassungsschutz beobachtet wurde.
Zu Noltes Aktivitäten gehören neben Besuchen von rechten Demonstrationen wie z.B. in Leipzig, Dortmund oder im Februar 2018 in Bulgarien zum Gedenken an den Faschisten Christo Lukow, auch die Teilnahme an Konzerten und konspirativ organisierten Veranstaltungen der rechten Szene wie z.B. am 24.02.2018 in Lingen, bei der ein Auftritt der verurteilten Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck durch die Polizei verhindert werden konnte.
Darüber hinaus schreckt Nolte auch nicht vor Gewalt als politisches Mittel zurück. So beteiligte er sich 2016 auf einen organisierten Überfall von 20 Nazis auf einen Stand des Jugendforums Goslar auf dem Altstadtfest und versuche zudem, mit einem Dutzend, teils vermummter Neonazis, eine Veranstaltung des Goslarer Bündnis gegen Rechtsextremismus im November 2017 zu stürmen. Ebenso trat er in den letzten Monaten als Redner bei rechten Demonstrationen und Infoveranstaltungen auf und gab vor einigen Wochem dem rechtsextremen Medienportal „FSN“ ein Interview, in welchem er für den 10. „Tag der deutschen Zukunft“ warb.
Carsten Dicty
Carsten Dicty trat zur gleichen Zeit wie Nolte in Goslar und der Region im Zusammenhang mit rechten Aktivitäten in Erscheinung. So besuchte er ab 2015 vor allem Demonstrationen aus dem rechtspopulistischen bis rechtsextremen Spektrum, sowie dem rechten Hooliganmilieu. Zumeist waren dies von „Hooligans gegen Salafisten“, „Bragida“ und den Parteien „NPD“ und „Die Rechte“ organisierte Versammlungen.
Dicty nahm zunächst alleine bzw. in Begleitung unorganisierter Nazis aus Goslar an den Demonstrationen teil. In den folgenden Monaten suchte er jedoch zunehmend den Anschluss an Gruppierungen wie „Goslar wehrt sich“, „NPD“ und „Nationale Sozialisten Nordharz“ beziehungsweise deren Nachfolgegruppierung „Kollektiv Nordharz“. Zusammen mit dem Wernigeröder Holger Weidner versuchte er eine Zeit lang den Goslarer Ableger der Nationaldemokratischen Partei Deutschland (NPD) wiederzubeleben. So fungierte Dicty mehrfach als Anmelder von Kundgebungen der „NPD“.
Dicty beteiligte sich weiter seit 2017 an der Organisation der rechtsextremistischen Demonstration „Tag der deutschen Zukunft“ (TDDZ), die am 02. Juni 2018 in Goslar stattfinden soll. Der Goslarer Neonazi meldete bereits mehrfach Kundgebungen an, die Teilnehmer*Innen für den TDDZ werben sollten.
Zur Durchsetzung seiner politischen Ziele schreckt der in der Goslarer Altstadt wohnende Carsten Dicty auch nicht vor Gewalt zurück. Er bedrohte bereits mehrfach im Umfeld von Kundgebungen politische Gegner*Innen und griff am 18.03.17, vor Beginn einer Demonstration der Partei „Die Rechte“ in Leipzig, einen Journalisten an und schlug ihm dabei die Kamera aus der Hand ( https://twitter.com/24mmjournalism/status/843149943707787264/video/1 ). Bei einer Mobilisierungskundgebung für den „TddZ“ in Hannover am 18.05.18 versuchte Dicty einen Passanten, welcher mit dem Handy Fotos der Kundgebung machte, anzugreifen. Jedoch wurde er hieran, durch beherztes Festhalten von seinen eigenen Kameraden, gehindert, bevor sich schließlich die Polizei dazwischenstellte.
Darüber hinaus pflegt er enge Kontakte zu verurteilten Straftätern aus der Neonaziszene, wie zum Beispiel den unter anderem wegen Körperverletzung und Volksverhetzung verurteilen Initiator der „TddZ“-Kampagne Dieter Riefling oder auch Pierre Bauer, welcher einem Braunschweiger Schüler den Kiefer gebrochen und politische Gegner*Innen mit Steinen beworfen hatte.
Dominik Brandes
Im Rahmen der Neustrukturierung der rechten Szene im Landkreis Goslar in den Jahren 2015 und 2016 trat auch der in Goslar wohnende Dominik Brandes in Erscheinung. Zuvor fiel er seit seiner Jugendzeit immer wieder durch rassistische Äußerungen auf. Anschluss an die rechte Szene im Landkreis fand er erstmals Ende 2015, als er sich im Umfeld der sog. „Bürgerwehr Landkreis Goslar“ engagierte, einer Gruppierung um den mehrfach verurteilten Rechtsextremisten und ehemaligen Führungskader der „Nationalen Kameradschaft Harz“ Simon Basista. Die „Bürgerwehr“ machte vor allem durch diverse „Patrouillen“ in verschiedenen Orten im Landkreis, sowie durch eine organisierte Jagd auf politische Gegner*Innen im Januar 2016 auf sich aufmerksam.
Nach Zerfall dieser Gruppierung schloss sich Dominik Brandes den „Nationalen Sozialisten Nordharz“ an und ist seitdem in der organisierten rechtsextremen Szene aktiv. So gehörte er der Nachfolgegruppierung der NSNH, „Kollektiv Nordharz“ an und engagiert sich zurzeit in der Partei „Die Rechte“. Seit Beginn des Jahres 2016 nimmt er regelmäßig an Demonstrationen, Kundgebungen und Konzerten der rechten Szene teil und übernahm bei solchen Veranstaltungen bereits mehrfach Ordnerfunktionen.
Aus seiner nationalsozialistischen Gesinnung macht er in der Öffentlichkeit und den Sozialen Medien zudem auch keinen Hehl. Ebenso schreckt – wie auch seine Kameraden – Dominik Brandes vor der Anwendung von Gewalt zur Durchsetzung seiner politischen Ideologie nicht zurück: So bedrohte er mehrfach (vermeintliche) politische Gegner*Innen, lauerte diesen auf ihrem Nachhauseweg auf und überfiel gemeinsam mit 20 anderen Nazis einen Stand des „Jugendforum Landkreis Goslar“ auf dem Goslarer Altstadtfest. Bei diesem Angriff versuchte er zudem, die Kasse des Jugendforums zu klauen. Kürzlich drohte er Mitgliedern der Partei „Die Partei“, dass er ihnen die Kiefer brechen würde, wenn diese ihre politischen Aktivitäten nicht einstellen würden.
Strukturiert und organisiert
Bei den Goslarer Neonazis handelt es sich nicht nur um eine kleine Gruppierung: Die Auflistung zeigt lediglich einen kleinen Teil der aktiven Szene. Hinter den Gesichtern der Öffentlichkeit stehen weitere aktive Neonazis, die sich an der Durchführung von Aktionen beteiligen. Hinzu kommen heimliche Unterstützer, die durch Geld und andere Mittel die Neonazis bei der Verbreitung ihrer rassistisch-nationalistischen Propaganda unterstützen. Die rechte Szene in Goslar strukturiert und vernetzt sich zunehmend. Vor Gewalt schrecken die Neonazis immer seltener zurück. Seit den öffentlichen Etablierungsversuchen von Gruppierungen wie „Goslar wehrt sich“ und „Bürgerwehr Landkreis Goslar“ bis hin zu den Aktivitäten im Rahmen der „TddZ“-Kampagne lässt sich eine starke Radikalisierung und ein personeller Zuwachs der rechten Kräfte im Westharz feststellen.
Das öffentliche Abhalten von Kundgebungen, Spontanaktionen und unregelmäßigen „Stammtischen“ und „Infoabenden“ im Landkreis Goslar spiegeln das gewonnene Selbstbewusstsein der Neonazis um den „Großkreisverband Süd-Ost-Niedersachsen“ der Partei „Die Rechte“ wieder. Misserfolge wie die geplatzte Mobilisierungsdemonstration vergangenen Monat in Göttingen zeigen jedoch auch, dass die nach außen transportierte Selbstdarstellung nicht der wahren Stärke dieser Strukturen darstellt, was jedoch nicht darüber hinwegtäuschen sollte, dass diese Neonazis eine Bedrohung für die offene Gesellschaft in Goslar und darüber hinaus darstellt.